Mythos oder Vorurteil? Heute beschäftigen wir uns mit der Frage, ob zu viele Leckerlis tatsächlich der Beziehung zu deinem Hund schaden.
Immer mal wieder hört man es: „Zu viele Leckerlis schaden der Beziehung zwischen Mensch und Hund.“ Aber stimmt das überhaupt? Wir schauen uns drei Aussagen zu diesem Thema an und nehmen ganz genau unter die Lupe, was wirklich dahinter steckt.
Aussage 1: Mit Leckerlis lenkt man den Hund nur ab, anstatt mit ihm zu trainieren
Um diesen Punkt bewerten zu können, muss man sich erst einmal darüber im Klaren sein, was eigentlich der Unterschied zwischen Ablenken und Trainieren ist.
Beim Ablenken wird Futter oder ein Spielzeug eingesetzt, damit der Hund einen potentiellen Auslöser wie z.B. einen Hund auf der anderen Straßenseite nur ganz kurz oder gar nicht wahrnimmt. Es ist eine völlig legitime Form des Managements, die gerne ab und zu eingesetzt werden darf, falls dein Hund sonst nicht durch die Situation kommt oder falls du dir die Situation selbst gerade nicht zutraust. Zwar ist es kein nachhaltiges Training, aber in einzelnen Fällen trotzdem empfehlenswert, um unerwünschtes Verhalten deines Hundes zu vermeiden, das sich sonst im schlimmsten Fall etablieren kann.
Beim Trainieren dagegen gibt es eine genaue Trainingsanleitung, die man gerade umsetzt. Dein Hund soll dabei den potentiellen Auslöser aktiv wahrnehmen, aber trotzdem erwünschtes Verhalten zeigen. Wird dies erreicht, kann das natürlich aktiv durch Belohnung in Form von Futter unterstützt werden.
Die Aussage ist also ein absolut valider Punkt, allerdings ist er nur dann negativ, wenn es sich um einen Anwenderfehler handelt. Das heißt, wenn der Hund dauerhaft immer nur durch Leckerlis abgelenkt wird, anstatt nachhaltig positives Verhalten zu trainieren.
Aussage 2: Leckerlis überdecken oder verschleiern Gefühle
Diese Aussage bezieht sich vermutlich darauf, dass Hunde sich, um an Futter zu kommen, manchmal in Situationen begeben, die sie sonst vermeiden würden. Auch das ist aber nur dann ein Problem, wenn ein Anwenderfehler passiert.
Wie kann ein solcher Anwenderfehler aussehen? Gruselt sich der Hund beispielsweise vor einer Person, vielleicht, weil sie besonders groß ist, passiert es oft, dass der entsprechenden Person einfach ein Keks in die Hand gedrückt wird, um den Hund anzulocken und ihn dazu zu bringen, näher an die Person heranzugehen als er eigentlich möchte.
Diese Herangehensweise kann jedoch sehr gefährlich sein. Denn wenn der Hund über seine eigentliche emotionale Grenze hinaus geht und dann plötzlich feststellt, wie nah er sich an die vermeintliche Gefahrenquelle angenähert hat, erschrickt er sich unter Umständen. Dies kann dazu führen, dass er vor lauter Schreck übertrieben heftig reagiert, also z.B. in die Hand beißt anstatt einfach nur den Keks zu nehmen.
Man könnte also sagen, dass Futter die Situation überdeckt, aber auch hier ist das Problem der Anwendungsfehler, denn man sollte generell nicht mit Futter locken. Das hat aber nichts damit zu tun, dass eine Futter-Belohnung eine Mensch-Hund-Beziehung kaputt macht.
Aussage 3: Leckerlis entfernen deinen Hund und dich voneinander
Diese Aussage zu beurteilen ist schwierig, da sie keinen wirklichen inhaltlichen Erklärwert oder Kontext liefert, sondern unbegründet in den Raum gestellt wird.
Das ist ein bisschen so als würde man sagen: „Auf Mallorca gefällt es dir nicht.“ Da stellt sich dann die Gegenfrage: „Warum sollte es mir denn da nicht gefallen? Was ist dort überhaupt?“ Und man wünscht sich gerne mehr Infos. Denn irgendwie bleibt ein komisches Gefühl.
Genauso ist es mit dem Argument, dass zu viele Kekse deinen Hund und dich voneinander entfernen. Deshalb gehen wir an dieser Stelle auch nicht weiter auf diesen letzten Punkt ein.
Reicht Futter und Spielzeug für eine gute, nachhaltige Mensch-Hund-Beziehung?
Wir halten fest: Kekse Geben ist an sich auf keinen Fall etwas Schlechtes – wenn man es richtig macht. Es darf also gerne ein Teil eures Zusammenlebens sein, mit Futter oder Spielzeug zu belohnen. Denn es macht deinem Hund gute Laune und gemeinsames Spielen oder Belohnen schafft für euch beide eine schöne gemeinsame Situation.
Trotzdem reicht das alleine aber natürlich nicht aus. Damit ihr eine wirklich innige und harmonische Beziehung habt, gehört noch mehr dazu.
Füreinander einstehen. Sich unterstützen. Wohlwollend sein. Schöne Erlebnisse zusammen erleben. Sich kennen und wissen, was der Andere mag oder nicht mag und auf die jeweilige Grenze achten sowie die Emotionen des Anderen anerkennen. Euer Training so kleinschnittig wie möglich aufbauen und es so umsetzen, dass dein Hund es verstehen kann. Geduld aufbringen. Not und Schmerz erkennen, um sich beistehen zu können.
Ihr seht also, es gehören ganz, ganz viele Faktoren dazu! Und zu denen gehört auch, im Zusammenleben mit Futter und Spielzeugbelohnung Verhalten zu verstärken, das wir gerne haben wollen oder einfach nur, um unserem Hund etwas Gutes zu tun.